Sicherheit beim Bogenschießen im LARP

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
2. Im Bogen gespeicherte Energie
3. Energieabbau
3.1 Luftwiderstand
3.2 Schaumstoff-Polsterung
3.3 Stauchung des Körpergewebes
4. Optimierungspotenzial
4.1 Schulung des Schützen
4.2 Zugkraftbegrenzung
4.3 Aerodynamische Eigenschaften
4.4 Bauweise von Pfeilen
5. Fazit
Anhang

1. Einleitung

Im Fantasy-Liverollenspiel werden Pfeil und Bogen als Fernkampfwaffen eingesetzt. Nun ist klar, dass keine Pfeile mit Stahlspitzen eingesetzt werden dürfen, da es sonst zu schweren Verletzungen, wenn nicht sogar zum Tod von Teilnehmern kommen könnte (vgl. Dissertation "Wundballistik bei Pfeilverletzungen" (2,8 MB PDF) von Hubert Sudhues, der leider im Jahr 2005 verstarb). Deshalb werden sogenannte "Larppfeile" mit gepolstertem Kopf eingesetzt.

Über die Sicherheit von solchen Larppfeilen und insbesondere von verschiedenen Bauweisen wurde lange und wird immernoch diskutiert. Eine Zugkraftbegrenzung der Bögen zwischen 20 und 30 lbs ist üblich. Aber wo liegt denn nun eine sicherheitstechnisch vertretbare Grenze wirklich? Ist die Grenze von 30 lbs zu hoch gewählt oder besteht ein Spielraum nach oben hin?

In der Diskussion kam bisher nur eines heraus: wir wissen so gut wie garnichts über Larppfeile. Dieser Aufsatz soll sich demnach etwas genauer mit den physikalischen Grundlagen beschäftigen und sich dem Thema von einer ingenieurswissenschaftlichen Seite nähern, um Spekulationen und Annahmen mit Zahlen und Fakten zu untermauern.

2. Im Bogen gespeicherte Energie

Alles beginnt damit, dass ein Mensch Muskelkraft zum Spannen des Bogens aufbringt. Der Bogen speichert diese Energie für kurze Zeit und setzt sie beim Loslassen des Pfeiles in kinetische Energie um (Innenballistik). Der Wirkungsgrad des Bogens (also das Verhältnis zwischen aufgebrachter Muskelkraft und der tatsächlichen kinetischen Energie des Pfeiles) ist einerseits Funktion des Pfeilgewichts, hängt aber auch sehr stark vom Bogen ab (Holzsorte, Bogenform, Backing, Lamination, Dicke der Wurfarme, uvm.). Ein 40 lbs Recurve-Bogen kann dieselbe Reichweite wie ein 55 lbs Langbogen erreichen. Grundsätzlich ist der Wirkungsgrad bei einem starken Bogen höher als bei einem schwachen. [1]

Die im Bogen gespeicherte Energie (Spannenergie) beträgt allgemein

(Gl. 1)

Mit s ist der Weg in Kraftrichtung gemeint. Die Kraft verhält sich bei Lang- und Recurve-Bögen annähernd linear zur Auszuglänge. Compound-Bögen wurden erst ca. 1960 erfunden und finden daher keine Verwendung im Fantasy-Larp. Hinzu kommt, dass ihr Weg-Kraft-Verlauf auf eine möglichst hohe Energiespeicherung optimiert wurde und somit die üblichen Grenzwerte für die Abschussenergie im LARP bei weitem überschreitet.


Abbildung 1: Zugkraftdiagramm

Berechnen wir also zunächst die in einem Bogen gespeicherte Energie gemäß

(Gl. 2)

Es gilt:
1 lbs [ # ] = 0,454 kg
1 inch [ " ]= 25,4 mm

Zugkraft in lbsin kgin NEnergie (h = 1)Energie (h = 0,8)
26" Auszug28" Auszug26" Auszug28" Auszug
20 lbs9,08 kg89,87 N20,4 J22,6 J16,3 J18,1 J
25 lbs11,35 kg111,34 N25,5 J28,3 J20,4 J22,6 J
30 lbs13,62 kg133,61 N30,5 J33,9 J24,4 J27,2 J

Tabelle 1: Schussenergie in Abhängigkeit von Zuggewicht und Auszuglänge

Die Auszuglänge ist "die Strecke, die der Schütze den Bogen zu spannen hat, um zu seinem Ankerpunkt zu gelangen, gemessen von der Vorderkante des Bogens bis zur Nockkerbe". Die Beschleunigungsstrecke zur Berechnung der Energie ergibt sich aus der Auszuglänge abzüglich der Spannhöhe (in den Berechnungen wird einheitlich 8" angenommen), siehe auch Abb. 2. Die Beschleunigungsstrecke beträgt also bei 26"-Pfeilen max. 18" und bei 28"-Pfeilen max. 20". Berücksichtigt man den Wirkungsgrad des Bogens (h = 0,5 - 0,7 für Langbögen, h = 0,7 - 0,9 für Recurve-Bögen), so kommt man zur Faustregel, dass ein Bogen ca. 1 J/lbs besitzt.

Geometrie des Bogens
Abb. 2: Geometrie des Bogens

3. Energieabbau

Die dem Pfeil nach Abschuss innewohnende Energie wird auf mehreren verschiedenen Wegen abgebaut:

Während der Flugphase wird aufgrund der Reibung (Luftwiderstand) kinetische Energie abgebaut (Außenballistik). Beim Auftreffen auf das Ziel soll der Schaumstoff im gepolsterten Kopf die verbliebene kinetische Energie durch Verformungsarbeit dissipieren. Weiterhin dient die Polsterung dazu, einen Stoß mit einem spitzen Gegenstand (Schaft) in einen Stoß mit einem stumpfen Gegenstand umzuwandeln, indem die wirkende Kraft auf eine möglichst große Fläche verteilt wird. Die restliche verbleibende Energie wird durch Verformung der Haut, des Gewebes oder eines Knochens in der Trefferzone abgebaut (Wundballistik). Bei harten Zielen (z.B. Rüstung oder Knochen) prallt der Pfeil ab und wird unter Umständen einige Meter zurückgeschleudert, d.h. er hat nicht seine gesamte Energie auf sein Ziel übertragen. In diesem Fall wird die im Schaumstoff gespeicherte Energie wieder freigesetzt, da es sich um ein elastisches Material handelt.

3.1 Luftwiderstand

Während "scharfe" Pfeile auf den ersten 25 Metern nur ca. 5-8% ihrer kinetischen Energie verlieren, bremst der Luftwiderstand Larppfeile aufgrund ihrer aerodynamisch ungünstigen Form (Zylinderkopf) wesentlich stärker ab. Über diese Abbremsung durch den Luftwiderstand ist so gut wie nichts bekannt, da keine praktischen Versuche dokumentiert sind. Geräte zur Messung der Pfeilgeschwindigkeit (z.B. mit Hilfe von Lichtschranken) kosten ab 150 EUR. Daher wird hier versucht, sich dem Problem von der theoretischen Seite zu nähern.

Die allgemeine Formel für den Luftwiderstand lautet:

(Gl. 3)

mit
r: Dichte der Luft;
A: angeströmte Querschnittsfläche;
cw: Luftwiderstandsbeiwert;
v: relative Geschwindigkeit

Durch mathematische Umformungen, die in der Herleitung detailliert ausgeführt sind, erhält man Formeln für Flugstrecke, Geschwindigkeit, Beschleunigung und Energie in Abhängigzeit von der Flugzeit:

Mit Hilfe der vier Gleichungen 17, 18, 19 und 21 können wir nun alle interessanten Größen berechnen und in einem Diagramm darstellen. Ein wichtiger Hinweis: in der Berechnung und bei allen Diagrammen handelt es sich um einen waagerechten Schuss (Abschusswinkel a = 0°) unter Vernachlässigung der Schwerkraft. Der Weg bezeichnet also die Flugstrecke des Pfeils, nicht seine Reichweite über Grund. Diese ist geringer, da der Pfeil bei waagerechtem Abschuss irgendwann aufgrund der wirkenden Schwerkraft auf dem Boden aufkommt. (Bei einer Abschussgeschwindigkeit von 33 m/s und einem Winkel von 15° beträgt die Reichweite über Grund ca. 13 m.) Die Diagramme wurden mit Hilfe einer Tabellenkalkulation erstellt, die Dateien gibt es am Ende dieser Seite zum Download.

Schauen wir uns für den Anfang also mal Diagramme für verschiedene Bögen von 20-50 lbs @28" an. Zum Vergrößern bitte anklicken.

20# @28 30# @28
40# @28 50# @28
Abb. 3-6: Weg, Geschwindigkeit, Beschleunigung und Energie über Zeit für einen Pfeil mit einem 20#-, 30#-, 40#- und 50#-Bogen (h = 0,8) abgeschossen

Nun betrachten wir noch ein paar weitere Diagramme, in denen die Funktionswerte von Weg, Geschwindigkeit, Beschleunigung und Energie von Bögen mit unterschiedlicher Zugkraft (hier: 20#, 25#, 30#, 35# @28") direkt miteinander verglichen werden.

s(t) v(t)
Abb. 7, 8: Weg-Zeit- und Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm

a(t) E(t)

Abb. 9, 10: Beschleunigung-Zeit- und Energie-Zeit-Diagramm

Wie wir im Weg-Zeit-Diagramm (Abb. 7) sehen, besteht der Unterschied zwischen einem 20#- (blaue Kurve) und einem 35#-Bogen (cyan Kurve) in der geflogenen Wegstrecke des Pfeils gerade mal 2,3 m nach 4 Sekunden - bei über 30 m Flugstrecke, was für Larp schon eine große Distanz darstellt. Der Unterschied bezüglich der Reichweite ist also vorhanden, aber vernachlässigbar. Die Anfangsgeschwindigkeit v0 unterscheidet sich dagegen recht stark (Dv0 = 8,7 m/s) (s. Abb. 8). Aufgrund der zum Geschwindigkeitsquadrat proportionalen Reibung sinkt Dv mit der Zeit. Entscheidend für eine Verletzung ist die Energie bzw. der Impuls (beides Funktionen der Masse und der Geschwindigkeit), die das Projektil besitzt. Da die Energie ebenfalls vom Geschwindigkeitsquadrat abhängt, sind hier die Unterschiede zwischen einem 20#- und einem 35#-Bogen extrem (s. Abb. 10). Der mit einem 35#-Bogen verschossene Pfeil (cyan Kurve) besitzt am Anfang ca. 75% mehr Energie als der Pfeil aus dem 20#-Bogen (blaue Kurve). Die Energie des mit dem 35#-Bogen verschossenen Pfeils hat erst nach 11 m Flugstrecke (0,4 s) das Energieniveau eines 20#-Bogens erreicht.

Den Schützen dürfte vor allem die Flugstrecke (Reichweite) seines Bogens - nicht aber die Pfeilgeschwindigkeit - interessieren. Wenn die Unterschiede in der Reichweite derart klein ausfallen, kann man guten Gewissens zum 25#-Bogen greifen und damit das Verletzungsrisiko beim versehentlichen Nahschuss mit Vollauszug minimieren. Das "Opfer" wird vor allem die Restenergie des Pfeils interessieren und da bestehen enorme Unterschiede (s. Abb. 10).

Eine weitere Diskussion der Einflussgrößen auf die Flugstrecke, Geschwindigkeit und kinetische Energie von Larp-Pfeilen findet sich auf der Seite Parametervariation.

3.2 Schaumstoff-Polsterung

Die am weitesten verbreiteten Schaumstoffe im Larpbereich sind Plastazote und Evazote. [6] Plastazote ist ein geschlossenzelliger, vernetzter Polyethylen-Schaumstoff, Evazote ein geschlossenzelliger, vernetzter Ethylen-Copolymer-Schaumstoff. Beide wurden für die Stoßabsorption optimiert, sie finden u.a. in Protektoren im Sport und der Medizin Verwendung. Beide Sorten gibt es in unterschiedlichen Dichten, und demnach mit unterschiedlichen Energieabsorptionseigenschaften. Das folgende Diagramm zeigt die Energieabsorption in [J] für ein Volumen von 98,15 cm³ (dies entspricht einem Zylinder von 50 mm Durchmesser und einer Höhe von 50 mm). Die Probe misst 100x100x30 mm und wurde mit einer Geschwindigkeit von 100 mm/min belastet:

Energieabsorption V1 Energieabsorption V2
Abb. 11, 12: Energieabsorption von EV50, LD33 und LD45 bei einem Volumen von 98,17 cm³ und 61,04 cm³

Wie man in Abb. 11 sieht (Volumen 1: Zylinder), absorbiert der Schaumstoffzylinder bei einer Stauchung von 70% eine Energie von 6 Joule (Evazote, 50 kg/m³) bis 9 Joule (Low Density Plastazote, 45 kg/m³), abhängig von der Schaumstoffsorte. In Anbetracht der maximalen Gesamtenergie eines Pfeils von ca. 30 J ist dies ein deutlicher Anteil, der durch die Polsterung abgebaut wird. Leider waren in der technischen Dokumentation des Herstellers [7] keine weiteren Angaben für höhere Stauchungen zu finden, es ist aber anzunehmen, dass sich die Kurve exponentiell nach oben hin fortsetzt, womit eine noch weit höhere Energieabsorption möglich wäre, wenn die tatsächliche Stauchung noch größer ist.

Klar ist aber auch, dass die absorbierte Energie linear vom Volumen abhängt, d.h. für ein anderes, kleineres Volumen (z.B. Volumen 2: Halbkugel + Zylinder, siehe Abb. 12) nimmt die Energie deutlich auf unter 6 J ab. Grundsätzlich ist daher beim Bau möglichst viel Schaumstoff als Polsterung anzustreben.

3.3 Stauchung des Körpergewebes

Beim Ziel handelt es sich um einen Menschen. Obwohl dieser in der Regel bekleidet ist und im günstigsten Fall sogar eine Rüstung und einen Helm trägt, die ihn vor dem Aufprall von Geschossen schützen, wird hier vom ungünstigsten Fall, dem Treffer auf den ungeschützten Körper ausgegangen. Nachdem die kinetische Energie durch Luftwiderstand und Stauchung der Polsterung zum Teil abgebaut wurde, bleibt immernoch ein Teil der Energie übrig, die auf den Körper einwirkt.

Über die tatsächlich ertragbare Spannung [N/mm2] bzw. die Energiedichte [J/mm2] des menschlichen Körpers wurde in Larp-Foren viel spekuliert. Hier wird im weiteren Verlauf der Diskussion von den biologischen Grenzwerten ausgegangen, die Beat Kneubuehl in "Wundballistik und ihre ballistischen Grundlagen" (Amazon) veröffentlicht hat. Dieses Buch beschäftigt sich mit der Auswirkung von Feuerwaffen-Projektilen auf den menschlichen Körper. Ab der dort angegebenen Energiedichte kommt es zu einer Penetration/Zerstörung des Gewebes, also der schlimmsten anzunehmenden Verletzung. Hierbei ist anzumerken, dass es bereits bei geringeren Energiedichten zu Verletzungen (Bluterguss, Quetschung, uvm.) kommen kann. Die oberen biologischen Grenzwerte betragen demnach:

Haut:0,1 J/mm²
Auge:0,06 J/mm²

Was sagt der Gesetzgeber dazu? Die Richtlinie 2009/48/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Sicherheit von Spielzeug (kurz "Spielzeug-Richtlinie") fordert in Anhang II "Besondere Sicherheitsanforderungen", I. Physikalische und mechanische Eigenschaften, 8. "Form und Aufbau von Projektilen und die Bewegungsenergie, die diese beim Abschuss durch ein hierfür vorgesehenes Spielzeug entfalten können, sind so zu wählen, dass für den Benutzer des Spielzeugs oder für Dritte unter Berücksichtigung der Art des Spielzeugs keine Verletzungsgefahr besteht."

Aber wann bzw. unter welchen Umständen genau besteht "keine Verletzungsgefahr"? Außerdem fallen LARP-Pfeile nicht unbedingt unter diese Richtlinie, denn diese gilt gemäß Artikel 1 für "Produkte, die - ausschließlich oder nicht ausschließlich - dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Kindern unter 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden (nachstehend "Spielzeuge" genannt)." Da auf den meisten LARP-Veranstaltungen nur Teilnehmer ab 18 Jahren zugelassen sind und der bestimmungsgemäße Gebrauch durch den Hersteller für Kinder über 14 Jahren festgelegt werden kann, fallen LARP-Pfeile nicht unbedingt in den Geltungsbereich der Richtlinie. In Deutschland ist die Spielzeugrichtlinie durch die "Zweite Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug) (2. GPSGV)" in nationales Recht umgesetzt worden.

Nehmen wir aber mal vorübergehend an, dass ein LARP-Pfeil Kinderspielzeug sei, dass für Kinder unter 14 Jahren bestimmt sei. In diesem Fall müsste das Produkt der harmonisierten Norm EN 71-1 "Sicherheit von Spielzeug - Teil 1: Mechanische und physikalische Eigenschaften" entsprechen. Von dieser Norm geht aufgrund ihrer Harmonisierung mit der o.g. Richtlinie eine Konformitätsvermutung aus. Das bedeutet: wenn die Anforderungen - unter anderem - dieser Norm eingehalten werden, gelten auch die Anforderungen der Spielzeug-Richtlinie als erfüllt und somit das Produkt als "sicher". In EN 71-1, Absatz 4.17, werden folgende Anforderungen an Projektile genannt:

  1. starre Projektile müssen einen Spitzen-Radius von 2 mm oder mehr haben [dies bezieht sich hauptsächlich auf Kugeln, z.B. Airsoft-BBs]
  2. rückfedernde Materialien von Aufprallflächen dürfen sich nicht ablösen
  3. max. kinetische Energie von 0,08 J für starre Geschosse ohne rückfedernde Aufprallflächen
  4. max. kinetische Energie von 0,5 J für elastische Geschosse oder Geschosse mit elastischen Aufprallflächen (z.B. Gummi)
  5. Pfeile mit einer max. kin. Energie über 0,08 J müssen eine Aufprallfläche mit einem rückfedernden Material aufweisen. Die max. kinetische Energie pro Fläche darf 0,16 J/cm² nicht überschreiten
  6. Pfeilspitzen dürfen nicht aus Metall bestehen

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Abgrenzung zwischen "Spielzeug" im Sinne der Spielzeug-Richtlinie und "Waffe" im Sinne des deutschen Waffengesetzes. Mit Inkrafttreten des WaffG-neu am 01.04.2003 wurde dieser Grenzwert für die kinetische Energie von Geschossen aus Schusswaffen, die zum Spiel bestimmt sind, auf einen Wert von maximal 0,08 J reduziert. Mit dem "Feststellungsbescheid gemäß § 2 Abs. 5 des Waffengesetzes zur waffenrechtlichen Regelung von Schusswaffen, die zum Spiel bestimmt sind" vom 18. Juni 2004 hat das Bundeskriminalamt die Grenze wieder auf 0,5 J angehoben. Die rechtliche Bewertung dieses Feststellungsbescheids ist jedoch juristisch umstritten und Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren.

Kehren wir jedoch wieder zur technischen Betrachtung zurück. Wenn man bedenkt, dass Softair-Waffen ein Kaliber von 6 mm haben, lässt sich die Energiedichte ausrechnen, um einen Vergleichswert zu erhalten. Bei einer angenommenen Trefferfläche von A = 28,3 mm² ergibt sich hieraus eine Energiedichte von ca. D = 0,018 J/mm². Bei einem Kaliber von 5,5 mm (ebenfalls gebräuchlich bei Softair-Waffen) ergibt sich eine Energiedichte von ca. D = 0,021 J/mm². Nichtsdestotrotz können solche Waffen - insbesondere bei kleineren Kalibern - gefährliche Augenverletzungen verursachen, da die Trefferfläche tatsächlich kleiner ist als die projezierte Querschnittsfläche. Der europäische Gesetzgeber rechnet hier offensichtlich mit einem Sicherheitsfaktor von S = 4, das heißt die gesetzlichen Höchstwerte dürfen höchstens nur ein Viertel des biologischen Grenzwertes betragen.

Am 26.03.2008 wurde das deutsche Waffengesetz erneut geändert. Anlage 1, Absatz 1.2.2 wurde ein Satz (hier kursiv markiert) hinzugefügt:

"[...] 1.2 Gleichgestellte Gegenstände
Den Schusswaffen stehen gleich tragbare Gegenstände,
[...]
1.2.3
bei denen bestimmungsgemäß feste Körper gezielt verschossen werden, deren Antriebsenergie durch Muskelkraft oder eine andere Energiequelle eingebracht und durch eine Sperrvorrichtung gespeichert oder gehalten werden kann (zum Beispiel Armbrüste, Pfeilabschussgeräte). Dies gilt nicht für feste Körper, die mit elastischen Geschossspitzen (zum Beispiel Saugnapf aus Gummi) versehen sind, bei denen eine maximale Bewegungsenergie der Geschossspitzen je Flächeneinheit von 0,16 J/cm² nicht überschritten wird; [...]"

Der in der Richtlinie und im deutschen Waffengesetz genannte Wert von 0,16 J/cm² entspricht 0,0016 J/mm² und liegt somit um das 37,5-fache unter dem von Kneubuehl postulierten biologischen Grenzwert. Demzufolge müsste ein Pfeil mit 30 J (entspricht ungefähr dem Abschuss mit einem 30 lbs Bogen) eine Trefferfläche von 18700 mm² haben. Das entspräche einem Pfeilkopfdurchmesser von 154,3 mm. Zum Vergleich: ein Pfeilkopf mit 50 mm Durchmesser hat eine Fläche von 1963 mm². Um mit einem im LARP gebräuchlichen Pfeil den gesetzlichen Grenzwert einzuhalten, dürfte er eine maximale Bewegungsenergie von 3,14 J haben. Hinweis: die waffenrechtliche Unterscheidung zwischen Bögen und Armbrüsten ist zu beachten.

Rechnet man ausgehend vom biologischen Grenzwert (Auge: 0,06 J/mm²) bei gegebener (typischer) Trefferfläche von A = 1963 mm² (Kreisfläche mit einem Durchmesser von 50 mm) über die Formel E = D * A zurück auf die zulässige Energie, so kommt man auf ca. 118 Joule für Bögen. Sicherheitshalber ist jedoch der Faktor von S = 4 (siehe oben) zu berücksichtigen, um Platzwunden und schwere Verletzungen (z.B. eine Hornhautablösung) möglichst auszuschließen (zu einer Augenschwellung bzw. einem "Veilchen" wird es jedoch weiterhin kommen). Also viertelt sich der zulässige Wert auf ca. 30 Joule.

Wer Bögen mit einer Zugkraft über 30 lbs verwendet/zulässt, geht demnach ein Sicherheitsrisiko ein.

4. Optimierungspotenzial

4.1 Schulung des Schützen

In Bezug auf

ist eine Waffe immer so (un)sicher, wie der Schütze, der sie handhabt. Genau wie der Umgang mit Polsterwaffen trainiert werden muss, muss auch der Umgang mit dem Bogen trainiert werden. Der Schütze muss die Sicherheitsrichtlinien kennen und befolgen (idealerweise Prüfung des Pfeils auf Beschädigung vor jedem Schuss!). Aktive Sicherheit (= vorbeugendes Verhalten des Schützen) ist passiver Sicherheit (technische Eigenschaften und Schutzmechanismen, die nach Eintritt des Unfalls greifen) immer überlegen und vorzuziehen. Verhält sich der Schütze verantwortungslos, stellt er trotz passiver Sicherheitsmaßnahmen eine Gefahr für sich und seine Umwelt dar.

In einigen europäischen Ländern ist ein "Bogen-Führerschein" üblich. Hierbei legt der Schütze eine Prüfung vor einem zertifizierten Prüfer ab und erhält bei Bestehen bescheinigt, dass er sicher im Umgang mit dem Gerät ist.

4.2 Zugkraftbegrenzung

Ein sehr einfaches Mittel zur Begrenzung der maximalen Schussenergie ist die Festlegung einer maximalen Zugkraft für Bögen durch die Organisatoren. Die Zugkraft kann mit Hilfe einer Bogenzugwaage sehr einfach nachgemessen werden. Dieses Gerät kostet im Handel ca. 35 EUR. Damit kann beim Waffencheck jeder einzucheckende Bogen innerhalb kurzer Zeit auf seine Zugkraft überprüft und bei Überschreitung aussortiert werden. Art und Wirkungsgrad des Bogens (Langbogen/Recurvebogen) spielen hierbei keine Rolle, da über die simple Formel Kraft * Auszug = Energie stets die maximale Energie gemessen und verglichen wird.

Die Spannenergie sollte ca. 30 J (das entspricht 840 lbs*inch, dem Produkt aus 30# * 28") nicht überschreiten1. Bögen, die für 26"-Pfeile ausgelegt sind, dürften also theoretisch eine etwas höhere Zugkraft haben (ca. 32 lbs). In der Praxis sollte man sich jedoch auf einen verbindlichen Wert (z.B. 30 lbs) als Obergrenze für alle Bögen festlegen.

Armbruste nehmen eine Sonderstellung ein. Da die Beschleunigungsstrecke des Bolzens wesentlich kürzer als beim Bogen ist (typischerweise ca. 10"), kann hier eine höhere Zugkraft erlaubt werden. Da Armbruste bauprinzipbedingt jedoch immer mit Vollauszug schießen, ist es sinnvoll, die Zugkraftbegrenzung dennoch analog zu den Bögen festzulegen.

1 Da bei Bögen immer die Auszuglänge (üblicherweise 28") angegeben wird, wird hier einfachheitshalber dieser Wert zum Überschlagen herangezogen. Zur genauen Berechnung der Energie ist jedoch die Beschleunigungsstrecke (= Auszuglänge - Spannhöhe) zu verwenden.

4.3 Aerodynamische Eigenschaften

Ein wesentlicher Sicherheitsaspekt ist die Treffsicherheit des Schützen. Diese hängt nicht nur von ihm selbst, sondern auch von den von ihm verwendeten Gerätschaften (Bogen, Pfeil) und der Umgebung (z.B. Wind) ab. Die aerodynamischen Eigenschaften der bisher verwendeten Larppfeile sind unleugbar schlecht. Das bedeutet, der Schütze hat mit Unwägbarkeiten zu kämpfen, die ihm das zielgenaue Treffen erschweren - günstigstenfalls kennt er die Eigenschaften seiner Pfeile aufgrund intensiven Trainings und kann diese manuell ausgleichen. Nun kommt es jedoch vor, dass man nicht immer nur mit seinen eigenen Pfeilen schießt.

Die schlechten Flugeigenschaften lassen sich zum Großteil auf den aerodynamisch nachteilhaft geformten Polsterkopf (Zylinder) zurückführen. Es folgt eine Tabelle der Luftwiderstandsbeiwerte verschiedener Formen:

ZylinderKugelHalbkugelStromlinie
l/d:
1: 0,91
2: 0,85
4: 0,87
7: 0,99
0,45 0,4 l/d:
2: 0,2
3: 0,1
5: 0,06
10: 0,083

Tabelle 2: cw-Werte verschiedener Körper

Wie man sofort erkennt, ist der Luftwiderstandsbeiwert des Zylinders der schlechteste in der gesamten Tabelle. Kugel- oder halbkugelartig geformte Köpfe würden den Luftwiderstand direkt auf die Hälfte herabsetzen, da dieser linear in Gleichung 3 eingeht (halber cw-Wert bedeutet halber Luftwiderstand). Hierdurch ließen sich Reichweite und Treffgenauigkeit deutlich erhöhen. Umgekehrt wäre ein geringerer Auszug (= geringere Energiemenge) nötig, um dieselbe Reichweite zu erreichen.

In der Praxis hat sich jedoch herausgestellt, dass aerodynamisch günstiger geformte Pfeile aufgrund eines unveränderten Schussverhaltens (tendenziell mehr Auszug) mit mehr Geschwindigkeit auftreffen. Bei gleichem Schussverhalten bauen sie auf der Flugstrecke weniger kin. Energie ab und treffen somit härter auf. Das Verletzungsrisiko steigt somit, wenn der Schütze sein Verhalten nicht anpasst. Daher ist bei Verwendung solcher Pfeile noch genauer auf die Einhaltung der Zugkraftbegrenzung zu achten oder ggf. eine niedrigere Grenze anzusetzen.

4.3 Bauweise von Pfeilen

Unter Larpwaffenkonstrukteuren kursieren eine Vielzahl von unterschiedlichen Bauprinzipien und Modellen für Polsterpfeile. Vom Softball über mehrschichtige Zylinderkonstruktionen ist alles zu finden. Fakt ist, dass einige dieser Konstruktionen unsicher sind und eine Gefahr für die Gesundheit des Beschossenen darstellen. Grundsätzlich muss jeder Larppfeil Bauelemente enthalten, die folgende Funktionen erfüllen:

  1. Durchschlagschutz
  2. Kraftverteilung
  3. Stoßabsorption
  4. Flugstabilisation

4.3.1 Durchschlagschutz

Er verhindert, dass der Schaft die weiche Polsterung durchdringt und sich in den Körper bohrt. Das Versagen des Durchschlagschutzes hat zur Folge, dass sich die kinetische Energie des Larppfeils (die hauptsächlich im massereichen Schaft sitzt) auf die sehr kleine Querschnittsfläche des Schafts konzentriert. Hierdurch kommt es zu einem Stoß mit einem spitzen Gegenstand, der leicht in den Körper eindringen und u.U. lebensbedrohliche Schäden verursachen kann. Mit anderen Worten, man hat einen scharfen Pfeil, der jemanden schwer verletzen oder im schlimmsten Fall sogar töten kann! Dieses Bauelement ist daher eines der wichtigsten am gesamten Larppfeil.

Aus Sicht der technischen Mechanik ist ein harter, formstabiler Durchschlagschutz (z.B. aus Metall oder Kunststoff, z.B. Polycaprolactam (PA 6) oder Polyhexamethylenadipinamid (PA 6.6)) zu verwenden. Ein weiches Material (wie z.B. Leder) sollte vermieden werden. Insbesondere ist die Bruch- und Splittergefahr des Werkstoffs zu reduzieren, daher ist bei Verwendung von Holz die Faserrichtung zu beachten und Weichholz (z.B. Fichte, Tanne) zu vermeiden.

Schlechter Kraftfluss Besserer Kraftfluss Guter Kraftfluss
Abb. 13-15: Kontruktionsprinzipien integrierter Durchstoßschutz und Kraftverteiler

4.3.2 Kraftverteilung

In der Regel werden die Funktionen "Durchschlagschutz" und "Kraftverteilung" von einem einzigen Bauelement übernommen. Es sorgt dafür, dass sich die Kraft, die beim Aufprall entsteht, möglichst gleichmäßig auf die gesamte gepolsterte Kopffläche verteilt (Abb. 14, 15) und es zu keinen Spannungsspitzen (Abb. 13) kommt. Ein weiches Material (wie z.B. Leder) ist grundsätzlich ungeeignet. Um die Spannung (N/mm²) bzw. Energiedichte (J/mm²) und somit auch das Verletzungsrisiko zu reduzieren, muss der Kraftverteiler einen möglichst großen Durchmesser haben. Zur Berechnung dieser beiden Werte muss die wirksame Fläche herangezogen werden - und die ist abhängig von der Größe des Kraftverteilers.

Reinhard schreibt im Larpinfo-Forum zum Thema "Re: Spitzenkonstruktion und Check": "Eine Anmerkung habe ich noch zum Waffencheck bei Pfeilen. Habe ich bisher noch nie geschrieben, weil man dafür vor allem bei unsicheren Pfeilen ein bisschen Gefühl in der Hand braucht. Wenn also jemand behauptet, ein Pfeil sei sicher und ihr ihn für unsicher haltet, dann legt die Pfeilspitze auf euer Auge und drückt vorsichtig von hinten auf die Nocke. Wenn ihr dabei relativ kräftig drücken könnt, ohne nennenswerten Druck auf den Augapfel zu bekommen (für die ganz Doofen; Augenlid bitte vorher schließen), dann ist das ein ziemlich deutliches Zeichen, dass der Pfeil sicher ist. Die Kraft geht dabei auf die Knochen außen ums Auge rum und die sind mit das Stabilste, was der menschliche Körper anzubieten hat. Bei Pfeilen, die entweder zu dünn sind, oder die nicht über einen vernünftigen Durchstichschutz verfügen, stützt sich der Pfeil recht schnell über die Mitte ab und da wollen wir die Energie ja nicht haben."

Eine weitere Methode zur quantitativen Beurteilung der Kraftverteilung stammt von Norbert Fleck von IDV Engineering. Er verwendet die anschauliche Kohlepapier-Methode, mit der man gut Vergleiche durchführen kann.

4.3.3 Stoßabsorption

Einige Personen kritisieren, dass der Schaumstoff an der Spitze "zu hart" sei und es aufgrunddessen zu einer Verletzung kommen könne. Hierbei muss man sich noch einmal die Funktion des Schaumstoffs in Erinnerung rufen: die Energieabsorption. Ein weicher Schaumstoff lässt sich sehr leicht (d.h. mit wenig Kraftaufwand) zusammendrücken, hierbei wird nur wenig Energie abgebaut (E = F * s bei konstanter Kraft). Ein harter Schaumstoff dagegen wird mehr Arbeit benötigen, um ihn zu verformen, und damit mehr kinetische Energie umwandeln. Anschauliches Beispiel: niemand wird auf die Idee kommen, vor sein Auto einen Schaumstoffklotz als Aufprallschutz zu basteln, da die dissipierte Energie (Formänderungsarbeit) gegenüber der kinetischen Energie des Autos vernachlässigbar klein ist. Richtig ist aber, dass der Schaumstoff auch nicht zu hart sein darf, da es sonst an den Kanten zu einer Spannungsüberhöhung kommt, was einer Verletzung mit einem starren Körper gleichkommt. Die Aufgabe des Larppfeil-Konstrukteurs liegt darin, einen Schaumstoff oder eine geeignete Konstruktion zu finden, der einen Kompromiss zwischen diesen zwei Anforderungen darstellt. Eine Lösung hierfür ist zum Beispiel die Konstruktion eines mehrlagigen "Sandwich" aus verschiedenen Polsterschaumstoffen, die in Härtegrad/Dichte zunehmen.

4.3.4 Mindestdurchmesser des Kopfes:

Kritische Stimmen haben den Mindestdurchmesser von ca. 50 mm für Pfeilköpfe in Frage gestellt. Eine Verkleinerung des Pfeilkopfdurchmessers stellt jedoch eine Gefahr für das menschliche Auge dar. Es ist leicht einzusehen, dass der Körper nur eine bestimmte Spannung (Kraft pro Fläche) aushält und diese so klein wie möglich sein muss. Verkleinert man den Durchmesser, so verbessern sich zwar die Flugeigenschaften (geringerer Luftwiderstand durch kleinere angeströmte Fläche, siehe Gl. 3), aber gleichzeitig erhöht sich die Spannung und damit das Verletzungsrisiko. Im Fall eines Augentreffers kann sich der Kopfrand bei ausreichendem Durchmesser an den Knochen abstützen, die Kraft wird über diese Punkte in den Schädelknochen eingeleitet (s. Abb. 16). Ist der Durchmesser zu gering, stützt sich der Pfeil komplett am Augapfel ab und leitet die Kraft in das weiche Gewebe ein. Die Vergrößerung der Trefferfläche schützt übrigens nicht nur das Auge, sondern auch andere kritische Körperzonen (Kehlkopf, Zähne, Ohr, Genitalien, etc.).

Die kritischen Stimmen wenden weiterhin ein, dass bei einem Schusswinkel von nur wenigen Grad Abweichung von der Geraden keine volle Stützwirkung mehr auf den Knochen aufgebracht wird. Das ist zwar richtig, jedoch fließt immernoch ein Teil der Kraft über den Knochen ab und über jedes Joule, das nicht auf den Augapfel wirkt, kann man froh sein.

Mindestdurchmesser des Kopfes
Abb. 16: Mindestdurchmesser von Polsterpfeilköpfen

4.3.5 Flugstabilisation

Die Federn/Finnen am Schaftende (auch "Fletching" genannt) haben die Aufgabe, den Flug des Pfeils zu stabilisieren. Bei einem Gewehrlauf versetzen Nuten (die sogenannten Züge) das Geschoss in Rotation, bei einem Pfeil tun es die Federn. Dies geschieht idealerweise mit drei Stück im 120°-Winkel, denn diese bewirken auch eine bessere Stabilisierung gegen Seitenwinde. Insbesondere verhindern die Federn, dass sich der Pfeil im Flug um die Querachse dreht und mit dem (u.U. scharfkantigen) Nock voraus fliegt.

5. Fazit

Das erste Ergebnis dieser Untersuchung ist, dass die Zugkraft bei einer gegebenen Pfeilmasse von 50 g und einem Kopfdurchmesser von 50 mm so gut wie keinen Einfluss auf die Reichweite hat. Selbst unter Berücksichtigung der Schwerkraft und des Abschusswinkels beträgt der Reichweitenunterschied zwischen einem 30#- und einem 20#-Bogen bei a = 15° gerade mal 1,5 m (bei a = 30° sind es 2 m). Reichweite ist also kein Argument für höhere Zugkraft.

Betrachtet man die kinetische Energie und geht vom größten anzunehmenden Unfall (GAU) beim Larp-Bogenschießen - dem Treffer auf kurze Distanz bei Vollauszug - aus, so liegt ein Höchstwert von 40 Joule (Sicherheitsfaktor S = 3) ca. ein Drittel höher als bei einem 30#-Bogen bei 28" Auszug. Bei den in Tabelle 1 angegebenen Werten ist zusätzlich die Energieabsorption des Schaumstoffs zu berücksichtigen, so dass die tatsächlich zulässige Zugkraft höher liegt, um auf den Grenzwert zu kommen (das entspräche einem Bogen mit 50# @28"). Dies soll aber nicht bedeuten, dass Bögen bis 50# grundsätzlich sicher sind, denn dem Pfeil kommt ebenfalls eine entscheidende Bedeutung bei. Wenn die wirksame Trefferfläche bei nur 40 mm Durchmesser liegt, wird der Grenzwert bereits bei einem 30#-Bogen überschritten! Grundsätzlich ist deshalb immer das Gesamtsystem Bogen+Pfeil zu betrachten.

Man mag einwenden, dass ein Treffer auf Nulldistanz unrealistisch ist. Aber auch bei einer Flugstrecke von 0-3 m und Schaumstoffpolsterung reduziert sich die kin. Energie nur um 5-10 J, was in Anbetracht einer Gesamtenergie von ca. 30 J (30# @28") immernoch in einer Restenergie von ca. 20-25 J resultiert. Damit liegt man bei einem wirksamen Durchmesser von 40-50 mm im Bereich der Energiedichte von Softairwaffen mit 0,5 J (DBogen = 0,01-0,02 J/mm²).

Der Reichweitenvorteil aufgrund der höheren Zugkraft ist minimal, gleichzeitig steigt aufgrund der hohen Abschussenergie das Gefahrenpotenzial stark an. Die Zugkraft-Grenze von max. 30 lbs (S = 4) für Bögen im Larp ist sinnvoll gewählt, insbesondere dann, wenn die wirksame Trefferfläche kleiner als 2000 mm² angesetzt wird. Wenn es um die Gesundheit der Teilnehmer geht (und diese stellt das höchste Gut dar), sollte man konservative Grenzwerte ansetzen. In diesem Fall ist es wichtig, Reserven und Sicherheitsfaktoren einzurechnen, um unter keinen Umständen einen Unfall zu provozieren.

Neben der maximalen Zugkraft des Bogens spielen aber auch Materialien und Bauweise des Pfeils sowie Verhalten des Schützen eine wichtige Rolle.

Anhang

Download

Dateien zur Tabellenkalkulation:

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Die Konstanten müssen in die hellblauen Zellen eingetragen werden. Die dunkelblauen Zellen geben dann die berechneten Konstanten wieder. In die hellroten Felder können beliebige Werte für die Zeit (t > 0) eingetragen werden, die dunkelroten Felder geben dann die Flugstrecke, die Geschwindigkeit und die Energie wieder.

Herleitung

Herleitung der Formeln für Strecke, Geschwindigkeit, Beschleunigung und Energie eines Pfeils
Dipl.-Ing. Jörg Bolle, Februar 2005. Letzte Änderung: 21.03.2023 (flugkurve.xls nach Hinweis von Rolf korrigiert; .sxc durch .ods-Dateien ersetzt)